Aufbruch

 

 In einer kurzen Beschreibung des Fürstentums Blankenburg vom Jahre 1717 heißt es:

 Unter dieses Amt (Stiege) gehöret auch Allrode, ein etwas geringes Dorf, so noch vor einem Jahr ein Adelssitz hatte, welcher nunmehr bei Absterbung der adligen Familie verkauft; sonsten wird auf diesem Hofe ein überaus gesundes Bier gebraut und dasselbe verkonsumiert. Es liegt mitten auf dem Harz gleich Hasselfelde und Stiege, ihre Nahrung besteht in guter Viehzucht und Holzarbeit.

 Am 17. Oktober 1730 wurde im Stockhaus zu Blankenburg ein Frauenmensch von Allrode auf die Tortur gebracht.

 In den Jahren des Siebenjährigen Krieges versuchten die Franzosen immer wieder vom Westen her in das Land des Preußenkönigs Friedrichs II. einzudringen. Sie wollten durch Thüringen marschieren und quer über den Ostharz in das halberstädtische und magdeburgische Land gelangen. Da wurden aus Befehl des Königs die Marschstraßen über den mittleren Harz gesperrt. Mit größtem Eifer beteiligten sich die Harzbewohner an diesem Sicherungswerk. Auf den Straßen Stolberg – Güntersberge – Friedrichsbrunn wurden Verhaue durch übereinadergeschichtete Waldbäume angelegt. Neben den Straßen hob man Schützengräben aus. Bei Allrode wurden Schanzen geschaffen, wahrscheinlich unter Benutzung älterer Anlagen. Auf dem Schützenplatz liegt  eine Geschützterrasse von rechteckiger Gestalt mit Wall und Graben, von Norden her zugänglich. Sie war geeignet, zwei Geschützstände aufzunehmen. Von hier aus konnte die von Stiege kommende  Landstraße unter Feuer genommen werden und gerade da, wo sie in großem Bogen in das Luppbodetal herabkommt. In ebenso großer Biegung erklimmt sie den steilen Abhang nach Allrode hinauf. Wenn der Weg noch dazu durch Verhaue gesperrt wurde und die Geschütze in Kolonnen hineinschossen, war ein Vordringen des Feindes von Stiege her nicht möglich.

Eine noch größere Wallanlage zeigte sich westlich vom Nordausgang des Dorfes. Von den Höhen konnte die Straße nach Treseburg mit Artilleriefeuer bestrichen werden.  Noch heute heißt der Platz zwischen der Hubertushöhe und der Zorn-Villa „Schanze“. Angesicht solcher Verschanzungen und Sicherungen wagten die Franzosen nicht, den Harz zu durchqueren.

 Im Jahre 1775 setzte Amtmann Leberecht Fischer zu Stecklenberg in dem auf Anordnung des Alten Fritz gegründeten Dorfes Friedrichsbrunn Kolonisten an. Jeder erhielt zwei Morgen Wiese gegen 2 Taler Erbpacht. Aus Allrode bewarben sich folgende 7 Siedler um eine Kolonistenstelle: Tagelöhner Heinrich Memeke mit zwei Kindern, Holzhauer Christoph Lerche mit vier Kindern, Holzhauer Heinrich Nabert ohne Kinder, Holzhauer Christian Nabert, Holzhauer Friedrich Wiedemann mit einem Kind und Holzhauer Christoph Braune mit einem Kind .

Um das Jahr 1800 werden folgende herrschaftlichen Forstorte in Allrode genannt: die Kreuzwege, der kleine Allersbusch, Neuenhagen, Breitenhagen, Langenhaufen, Brunshals, Kellerborn und Mittelberg, das Laubthal, die Wolffsthäler, der Wildgarten, Trockenbach, Sticklestieg, große und kleine Rübesteert, große und kleine Klingenberg und Mittelkopf, das Langehorn, der Klotstieg, die große und kleine Siebenmark, die Zelle, der Hannover,  die Schreckenstthäler, der Mittelkopf, Wildstein, große und kleine Bossleich, die Winde und der Doktorberg. Ein Teil der Forstorte gehört heute zu Altenbrak, ein anderer zur Revierförsterei Kreuzwege. 

In der Nacht vom 9. auf den 10. November des Jahres 1800 zerstörte ein furchtbarer Sturm die Wälder des Harzes. Im Elbingeröder Revier fielen dem Unwetter 265.400 Stämme zum Opfer. In dem strengen Winter 1890/91 wurden an einem Tage am Ramberg 38 Stück Reh- und Rotwild verendet aufgefunden.

          Napoleon und danach                                                Nach oben

 Nach der Schlacht bei Jena und Auerstedt am 14. Oktober 1806 war das preußische Heer gezwungen, sich über den Harz zurückzuziehen. Der Oberführer, General von Hohenlohe, überschritt von Stolberg her über Stiege – Allrode – Friedrichsbrunn das Gebirge und gelangte am 17. Oktober mit seinem Hauptquartier nach Quedlinburg, von wo er in der nächsten Nacht nach der Elbe zu weiter zog..

Die Division Legrand folgte ihm auf dem Fuße, gelangte noch am 17. Oktober an den verlassenen Schanzen von Allrode vorbei bis Friedrichsbrunn und zog am Vormittag des 18. Oktober in Quedlinburg ein. Ohne Schwertstreich fiel der ganze Harz in die Hände Napoleons.

 Der Tilsiter Frieden vom 9. Juli 1807 brachte tief einschneidende Veränderungen für unsere Gegend. Es wurde das Königreich Westfalen gebildet und Jerome Bonaparte, der jüngste Bruder Napoleons als König eingesetzt. Das Land wurde aufgeteilt in Departements, Distrikte, Kantone und Kommune. Die Kommunen Hasselfelde, Allrode, Stiege, Trautenstein und Grünthal bildeten den Kanton Hasselfelde. Der Distrikt Blankenburg wurde von 11 Kantonen, die zusammen 53 Kommunen zählten, gebildet. Wir gehörten zum Saal-Departement.

 Nach einer Zählung vom Jahre 1810 waren in Allrode 501 Einwohner ansässig.

 In Jahre 1822 wurde das 2000 Morgen umfassende Gut aufgelöst. Feld, Wald und Wiesen wurden für 38.000 Taler verkauft. Auch Gutbrauerei und Gutmühle an der Luppbode gelangten in Privathand. Von den 89 Feuerstellen des Dorfes erhielten die ehemaligen Gespanndienstpflichtigen je 11 Morgen, die Handdienstpflichtigen je 5 ½ Morgen Hofacker.

 Im Mai 1838 wurde das Dorf durch ein großes Schadensfeuer heimgesucht und 56 Feuerstätten, also mehr als die Hälfte des Ortes, in Schutthaufen verwandelt. Auch die Kirche brannte nieder. Dieses Unglück rief  die Teilnahme der umwohnenden Bevölkerung hervor. Der Allgemeine Singverein in Quedlinburg veranstaltete ein Konzert zum Besten der Abgebrannten. In Allrode bildete sich eine Unterstützungskommission aus dem reitenden Förster Kobus, Kessler, Heydecke und Schilling, welche die einkommenden Gelder verteilten. Der Verein jungen Mädchen in Ballenstedt und Opperode verloste selbstgefertigte weibliche Handarbeiten und spendeten den Erlös den Abgebrannten. Es waren 50 Taler eingekommen. Die Stadt Hoym überwies 1 Taler 22 Groschen, Harzgerode schickte 32 Taler 6 Groschen.

 Als 1848  die Straße nach Stiege gebaut wurde, legten die Vermessungsbeamten sie durch die besten Wiesen des Dorfes. Da verprügelten die darüber empörten Allröder Bauern die Beamten. Als Strafe mussten die Bauern mehrere Wochen lang eine Kompanie Soldaten in Quartier nehmen.

 Bei der Revolution des Jahres 1848 standen die Allröder auf der Seite des Fortschritts. Die Allröder Frauen nähten und bestickten die neue schwarz rot goldene Fahne mit den Losungen Treue – Einheit – Gesetz und zeigten sie öffentlich auf der Straße. Sie hat sich in die heutige Zeit herübergerettet und wird bei festlichen Umzügen mitgeführt. Bemerkenswert ist an ihr, dass die Farben in umgekehrter Reihe angeordnet sind.

In Jahre 1851 wurde die Feldmark des Dorfes durch Landmesser Ernst vermessen. Seine darüber angefertigte Karte hat heute noch Gültigkeit.

 Im Jahre 1852 wurde die inmitten des Gutshofes aus Grauwacker errichtete Kirche eingeweiht.

 Bis 1868 hatte Allrode das Recht, im Forst Schweine und Rindvieh weiden zu lassen. Als Entschädigung für die Ablösung erhielt jeder Weideberechtigte 2 Morgen Land.

 Aus Anlass der Beendigung des deutsch – französischen Krieges wurde 1871 die Friedenseiche in der Dorfmitte gepflanzt. Um eine ebenmäßigen Wuchs zu erreichen, wurde ihre Äste stark beschnitten. Eine Rundbank und ein Pilzdach laden zum Verweilen ein.

 Bis zum Jahre 1870 etwa gingen die Allröder in Tracht. Ihr Ort lag im Mitteldeutschen Trachtengebiet. Werktags wurde ein Beiderwandrock mit etwa 1 ½ cm breiten schwarzen und etwas schmäleren roten Streifen, die von gelben, blauen oder grünen Faden durchzogen oder seitlich ergänzt wurden, getragen. Dazu gehörte ein rotes Jäckchen oder Mieder aus glänzendem satinartigem Stoff, ein bunt besticktes Schultertuch, eine rotes Häubchen mit flitterartigen Bändern, weiße Strümpfe und schwarze Schnallenschuhe. Die Männertracht bestand aus einer hellbraunen Biberjacke, braunen Cordhosen, Deckelmütze, Halbschuhen und Gamaschen. Von den alten Trachten hat sich nur die Berufskleidung des Gemeindehirten in die neue Zeit herübergerettet. Allrode war früher Sitz eines Oberförsters, der seine Dienstwohnung in der heutigen Gaststätte „Stadt Braunschweig“ hatte. Das Gebäude war damals einstöckig.

 Im Jahre 1878 wurde im Mühlweg die Revierförsterei Allrode errichtet.

Die neue Schule wurde 1879 in dem ehemaligen Gemüsegarten des Gutes als zweiklassige Schule erbaut, da das alte Schulgebäude zu klein geworden war. Dieses war das ehemalige Brauhaus des Gutes. Es dient nach Verlegung der Schule einer Bauernwirtschaft als Wohnhais (Hoppe).

Im Winter 1893 wurde eine Ortsgruppe des Harzklub gegründet, die 23 Mitglieder zählte.

In den Jahren 1898 bis 1901 nahm die Erbprinzessin zu Wied, Tochter des Königs von Württemberg, mit Gefolge und Bedienung mehrwöchentlichen Aufenthalt in Allrode. Hellmanns Haus, der Friedenseiche gegenüber, wurde für diese Zwecke umgebaut. Die Allröder erzählten, sie wäre hierher verbannt worden, weil sie eine Liaison gehabt hätte.

Wie dem auch sei, die Allröder bemühen sich seit dieser Zeit, Luftkurort zu werden.

 

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